Am Imbiss-Eck
Das Wochenende vor der Art Forum Eröffnung. Yorckstraße kurz hinterm Mehringdamm. Lässige Standortwahl zwischen Burger King und Döner. Die Eröffnung einer Berlin-Dependance der Hamburger Galerie Dörrie*Priess mit Nina Kluths Bunches and circles. Der Titel der Ausstellung konterkariert – bewusst oder zufällig – die stadträumliche Situation. Im Umkreis der Yorkstraße 89 findet keine Galeriebündelung wie an der Zimmerstraße statt, es herrscht keine Fußläufigkeit bei Rundgängen. Fast schon draussen auf dem Land für hiesige Verhältnisse. Zur Eröffnung mit Landschaftsmalerei an den Wänden.
Die Stadt selbst läuft ja schon ziemlich heiss: Fotoausstellung im Gropiusbau, nochmal schnell Gunter Reski bei WBD, gerade nochmal Minimalistische Werke vom 1.FC Flick im Hamburger Bahnhof. Und sicher noch ganz viel mehr. Vorabend der Messe eben. Sowas wie ostentative Unaufgeregtheit hingegen bei der gestrigen Eröffnung des Berliner Dörrie*Priess-Standortes. D*P sind in Hamburg ‘ne gute Adresse mit fundiertem Programm, das inzwischen vielleicht einen leicht konservativen touch bekommen hat. Feine Zeichner wie Hanns Schimansky, gute, erfahrene Männer wie Balkenhol oder vom Bruch. Hilka Nordhausen, Herr Müller, ehedem Tödliche Doris. D*P sind vielleicht das, was Nothelfer, Raab oder Poll hier mal hätten werden können. Und das, was Wentrup vielleicht gern wäre.
Anscheinend weiss man das auch und bleibt hanseatisch gelassen, wenn es um das Galerieschild im Treppenhaus geht. Sicher hätte es auch exponiertere Räume an der Zimmerstraße gegeben. Frei ist in Berlin eigentlich immer was. Trotzdem ist D*P lieber an der unkunstigen Traditionsecke Yorckstraße/Mehringdamm gelandet, was vielleicht nur eine vorübergehende Lösung ist, vielleicht aber auch ein nettes Statement abgibt. Zur Schau gestellte Gelassenheit auch beim Fehlen einer Pressemeldung zur Eröffnung (jedenfalls liegen keine in der Galerie herum), beim Nicht-Vorhandensein eines Saaltexts. Auch fand sich nur eine sehr übersichtliche Besucherzahl in der Galerie ein – in der kommenden Woche sind D*P eh noch auf der Messe, so dass man am Freitag vorher nun nicht noch groß herum telefonieren musste.
So angenehm entspannt wie das Räumliche wirken die gezeigten Bilder von Nina Kluth. Weiter hinten sparsam blasses Öl, dünner Farbauftrag, vorne schon schwerere Farblasten. Tief gestaffelte Bildräume ohne Formal-Nervereien. Nichts Fadenscheiniges, kein Dickes, das im Gegenlicht strukturelle Schwächen offenbart. Lieber mal Stimmungen, in denen Konkretes ins Abstrakte zurück findet. Oder umgekehrt, Je nachdem, auf welche Ebene man zuerst scharf stellt. Die Künstlerin beschreibt ihren Ansatz so: “Mich interessiert das Bild als Bildraum: eine Leinwand wird im Auge niedergelegt, zu einer Fläche, einem Raum, in dem sich Gesten verorten, jeder Pinselstrich verhält sich zu dem Raum, ist konstruktiv für diesen und oder dekonstruktiv.
Zu sehen bis zum 29. Oktober in der Yorkstraße 89a und auf dem ArtForum.
Kai Hoelzner, 24.09.05, auf Kunst-Blog.com